Pflaster fuer die Seele – Tattoo Power

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Tornado, cyclone, hurricane: life goes on (the Kinks)

So langsam fängt das Leben wieder an. Zumindest das öffentliche. In welcher Intensität die Öffnung nach dem Lockdown erfolgen soll, ist heftig umstritten. Wir denken, wir sollten uns über die kleinen Erfolge freuen: Wir, Tattoo Anansi, können unsere Arbeit im Studio wieder aufnehmen. Mit größter Sorgfalt und Hygiene. Tattoo You: the world goes on.

Endlich können wir unsere Kunden wieder begrüßen. Jeder hat seine ganz eigene Geschichte zu den Ausgangsbeschränkungen zu erzählen. Jeder hat diese Zeit anders erlebt, mit Ängsten vielleicht, aber auch mit Selbsterkenntnis? Die Zeiten sind jedenfalls nicht einfach. Was hat diese globale Aufgabe, eine Virusausbreitung mit einem ungewissen Ausgang zu bekämpfen, mit uns gemacht? Müssen wir alle in Therapie? Wieviel unbewussten Stress haben wir nun aufzuarbeiten? Jeder von uns war in unterschiedlichen Situationen. Familien, die auf engsten Raum zusammengepfercht waren, was macht das mit der Beziehung zu seinem Partner? Die drohende Firmenpleite, oder der gefährdete Arbeitsplatz. Wie lange kann ich mit der Ungewissheit umgehen? Homeoffice ist das eine, was aber ist mit all denjenigen, die im Supermarkt und im öffentlichen Dienst arbeiten mussten und müssen? Wir lernten, mit extremen Situationen umzugehen. Unsere Schwächen sind ans Tageslicht gekommen. Es gilt, mit ihnen leben zu lernen.

Mit Tattoos kann man Erlebnisse verarbeiten, die unter die Haut gingen. Nicht nur Narben können mit Tattoos kaschiert werden, Tattoos können auch Pflaster für die Wunden der Seele sein. Sie haben MAGISCHE HEILKRAFT.

Immer mehr werden Tätowierungen psychologische Funktionen zu geschrieben. Zum Beispiel nach dem Loveparade Unglück, einige haben sich das Datum im Nachhinein auf die Haut tätowieren lassen. Ein einschneidendes Erlebnis, aber das wichtigste: überlebt zu haben. Das ist natürlich der Extremfall. Fakt ist aber: mit einer Tätowierung kann ich ein Ereignis fixieren, und ihm so seinen Schrecken nehmen. Und an meine Stärke erinnern, dieses Ereignis bewältigt zu haben. Tattoos können Pflaster emotionaler Wunden sein. Und Zeichen von Heilung sein. Und neue Lebenskraft erzeugen.

STILL FREE

Den eigenen Körper als Leinwand benutzen zu können, das gibt vielen oft neue Kraft und ein neues Selbstbewusstsein – zurecht. Den ich allein bin Herr (und Königin) über mich und mein Schicksal. Darum: Lasst uns gestärkt aus der Krise gehen. Und endlich wieder hinein in die Bilderwelt, die mich selbst ausmacht, und nicht von außen auf mich einschlägt. Das ist wahre Bewältigung.

Insane in the membrane

Interessant in diesem Zusammenhang ist zudem die Sichtweise der Biologie, bzw. der Hirnforschung: Tattoos greifen auch explizit in den Serotoninspiegel des Menschen ein. Zum Positiven. So können Tattoos auch Depressionen lindern, Glücksgefühle auslösen, und für psychische, vielleicht auch PSYCHEDELISCHE, Experience sorgen. Und das geht so:

Das Gehirn ist kompliziert. Und Depressionen können, so der neueste Forschungsstand, nicht einfach mit Serotonin-Mangel erklärt werden. Fakt ist aber, dass die harmonischen Abläufe von Neurotransmittern, die unser Erleben regulieren, aus dem Gleichgewicht kommen können. Traumatische Ereignisse verstärken das Ungleichgewicht, verschieben die gewohnten Muster ins Negative: Konzentrationsmangel, mangelnder Selbstwert, Müdigkeit und viel mehr sind die Folge.

Wie komme ich also wieder ins Gleichgewicht. Pillen allein sind keine Lösung. Vie besser: Tattoos. Die Entscheidung für ein Tattoo stärkt mein Selbstwertgefühl, es ist etwas das ich für mich tue, etwas zu dem ich stehen kann, langfristig. Es repräsentiert MEINE Entscheidung. Doch auch der Vorgang des Tätowieren selbst, wirkt positiv auf mich: das Tätowieren ist immer auch einen Schmerzerfahrung. Aber eine kontrollierte. Ich kann sie bewusst verarbeiten. Und bin kein Opfer von äusseren Eindrücken. Während dem Tätowiervorgang werden Serotonine und Endorphine in Bewegung gebracht, die mich einerseits vor dem Schmerz schützen sollen, und mich gleichermaßen „Vitalisieren“. Es ist ein evolutionärer Schutz gegen Stress- und Angstgefühle. Das Tätowieren erzeugt so Glücksgefühle und langanhaltende Emotionen, wie Stolz und Erhabenheit. Was will man mehr: Mit diesen Gefühlen läßt es sich positiv in die Zukunft schauen. Packen wir es an.