Koi – Gegen den Strom

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Koi – Gegen den Strom

 

Fische unter der Haut – Ein interessanter Gedanke. Tiermotive können wohl als eines der gängigsten und beliebtesten Themen der Tattoowelt gesehen werden. Von Löwen über Tiger, Elefant über Hund und Co. bis hin zur Spinne oder Nachtfalter – Wer sich im Sommer schon einmal ein wenig am Strand umgesehen hat, dürfte sicher das eine oder andere dieser Tiere in der Haut des Handtuchnachbarn bemerkt haben. Selbstverständlich in den unterschiedlichsten Ausführungen und Stilen, doch der Gedanke dahinter lässt sich oft leicht nachvollziehen. Eigenschaften wie Stärke, Kraft, Weisheit oder auch nur „Cuteness“ sind einfach gut in Verbindung zu bringen mit dem Lieblingstier – je nach Art versteht sich. Gut verständlich, dass man sich diese Eigenschaften gern in der Haut verewigen möchte.

Fische dürften auf den ersten Blick ein wenig aus diesem Raster fallen. Nichtsdestotrotz hat eine bestimmte Art der Kiementräger einen nicht unbedeutenden Platz in der Tierwelt der Tätowierung gefunden – und das nicht nur in Anglerclubs und Hafenstädten.

Während sich die westliche Tattookultur vor Allem an den Land-liebenden Spezies zu orientieren scheint, bildet der Koi-Karpfen (Kurzform des japanischen „Nishikigoi“) ein elementares Motiv der ostasiatischen Tattoo-Motivik. Nicht zuletzt ist dieser Zuchtkarpfen schön anzusehen – in den verschiedensten Farben und Musterungen wird er sogar als wertvolles Sammlerstück gehandelt. Doch die Eigenschaft, die den Koi bereits unzählige Male unter die Haut geführt hat, ist besonders die Ausdauerfähigkeit und Zielstrebigkeit die ihm zugeschrieben wird.

Inwieweit der heutige Zierfisch in seinem Teich zu schwimmerischen Topleistungen fähig ist, kann man vermutlich hinterfragen – doch seinen Status hat sich der Koi bereits in frühen chunesischen Sagen erworben. So soll etwa ein eher zierliches Exemplar durch seine besondere Zähigkeit im Stromaufwärts-Schwimmen ausgezeichnet haben, ja sogar einen Wasserfall bezwungen haben, wofür er durch Hand der Götter in einen goldenen Drachen verwandelt wurde. Dementsprechend wird sich der Koi als Tattoo besonders in einer stromaufwärts gerichteten Position dargestellt, oft in den Fluten eines Wasserfalls, sogar im Sprung aus den Wogen.

Ein schönes Bild, dieser Kampf gegen die unaufhaltsame Gewalt des Wassers. Wer fühlt sich nicht manchmal mitgerissen oder gefangen im Strom – des Lebens, der Zeit, des Alltags. Eine Motivation zum Durchhalten und weiterschwimmen tut hier gut. Und welchen Reminder trägt man enger bei sich als die eigene Haut? Darüber hinaus – wer schon einiges an Stromschnellen bewältigt hat, hat sich das Schwimmerabzeichen wohl verdient. Doch auch die Kehrseite des Stroms betont der Koi als Tattoo gekonnt. Nicht selten zeigt die paarweise Abbildung des Koi, einmal stromaufwärts, einmal stromabwärts schwimmend die Höhen und Tiefen des Lebens auf. Antrieb und treiben lassen. Simpel, aber zutreffend.

Eindrucksvoll lässt sich diese Metapher besonders gut in der traditionellen Art der japanischen Tätowierung darstellen. Ausdrucksvolle Bewegung und hohe Kontraste sorgen hier für eine oftmals zeitlose und gleichzeitig lebendige Abbildung des Tiermotivs in seiner Umgebung. Kaum eine Art der (Haut-)Malerei schafft es, gerade Wasser so gewaltig und Felsen so massiv und kantig zu zeigen wie die japanische. Unterstützt werden kann das Hauptmotiv selbstverständlich noch durch zusätzliche Symboliken – Naheliegend ist hier beispielsweise der Lotos als Motiv. Nur als Blüte sichtbar, hat sich diese Wasserpflanze bereits ebenfalls durch schlammiges Wasser zu ihrer Schönheit gekämpft.

Auch die finale Form des aufgestiegenen Koi, der goldene Drachenkoi ist ein beliebtes Tattoomotiv – zu Drachen und ihren Formen bald mehr.

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