PIERCING.1 • Stößchen ins neue Jahr

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Stößchen ins neue Jahr – Mit Tattoos und Piercings zu Kräften kommen

Nach einem Weihnachtsfest voller blinkender Lichter, festlicher Lieder und Familienzusammenkünften stehe ich hier: Neujahr, frischer Wind und ich vor dem Piercing-Studio meiner Wahl. Die Frage liegt in der Luft wie gerade noch der Glanz von Lametta: Werde ich meinen Körper genauso wie meinen Weihnachtsbaum schmücken?

Ich erinnere mich an den Baum. Er schien sich zu freuen, als ich die Kugeln und Sterne an seine Äste hängte. Ich dachte: “Warum nicht auch mir ein wenig Glanz verleihen?” Und so stehe ich hier, vor einem Tempel der Nadel- und Stechkünste, voll mit neuen Vorsätzen und neuem Mut, mich nun endlich piercen zu lassen.

Silvester hatte ich durchgetanzt. Die innige Begegnung mit einer Tanzpartnerin, die viele Piercings in und am Körper hatte, gab mir endlich wieder das Gefühl der Freiheit. Nach diesem unsäglichen News-Desaster im letzten Jahr.

Es war nicht nur der Alkohol, der mich und meine Tanzpartnerin berauschte, sondern die Metallkunst, die ihre Haut verzierte. Wir tanzten, lachten und fanden Freiheit in den kleinen, schimmernden Verboten auf ihrer Haut.

Am nächsten Morgen, als der Kater meinen Kopf in eine Trommel verwandelt hatte, blieb die Erinnerung an jene Nacht bestehen – wie das glänzende Piercing in ihrem Mund und anderswo. Es war mehr als nur Körperschmuck; es war ein Versprechen, dass wir uns in den kleinen Rebellionen verlieren können und dabei die Zeit unseres Lebens haben.

Und jetzt liegt es an mir, den Schritt in die Welt der Körperkunst zu wagen. Deswegen bin ich hier – nur noch durch die Tür und das Angebot wahrnehmen:

„Tattoo Anansi. Jetzt könnt Ihr neben Tattoos auch euere Piercings bei uns stechen lassen. TÄGLICH.“

Ein neues Tattoo ist immer ein Abenteuer, aber ein neues Piercing ist, zumal es das Erste ist, wie der Versuch, am Weihnachtsmorgen noch eine Glühbirne an den bereits geschmückten Baum zu hängen. Aber gut, wer sagt schon, dass Weihnachten nur einmal im Jahr ist?

Doch diesmal will ich nicht nur Bilder unter meiner Haut, sondern Metall durch meine Haut.

Im alten Ägypten, dachte ich, wäre das so gewesen: Goldene Nadeln, die sich durch königliche Nasen bohrten wie Hieroglyphen in den Stein gemeißelt. Jeder Pharao wollte seine Einzigartigkeit unterstreichen – der eine mit einem Nasenring, der andere mit einem Augenbrauenpiercing, vielleicht sogar mit einem königlichen Bauchnabelring.

Die Ägypter glaubten an die Macht der Symbole, und was könnte symbolträchtiger sein als ein glänzendes Stück Metall, das aus der Nase eines Pharaos herausragt? Es war wie ein königliches Blinklicht inmitten der Wüstennacht.

Die Hofdamen wären entzückt gewesen: “Oh, Pharao, dein Nasenring ist so mächtig wie der Sonnengott Ra!” flüsterten sie, während der Pharao selbstsicher, und ausgestattet mit allen Möglichkeiten, durch den Palast schritt. Das wäre auch etwas für mich. Ich könnte etwas Selbstbewusstsein in der Welt der Avancen und Flirt-Tindereien gut gebrauchen.

Wenn der Pharao sprach, klirrten die Piercings wie königliche Fanfaren. So wurde das Alte Ägypten zum Mekka des Pharao-Piercing-Trends. Die Pyramiden mögen imposant sein, aber die Nasenringe der Pharaonen waren das eigentliche Wunderwerk. Archäologen finden heute noch Überreste dieser königlichen Nadeln und fragen sich, ob die ägyptischen Götter vielleicht selbst ein Piercing-Studio hatten.

Und dann überlege ich weiter: Würden die antiken Griechen ihre olympischen Götter mit Piercings verschönern? Statt Blitzen in der Hand von Zeus vielleicht Blitz-Piercings? Aphrodite, die Göttin der Liebe, könnte mit einem Herzen durch die Nase strahlen. Das würde den Liebeszauber sicherlich auf ein neues Level heben.

Doch zurück in die Gegenwart, ich stehe immer noch vor dem Piercing-Studio und frage mich, ob ein Bauchnabelpiercing meine Potenz steigern könnte. Ich meine, wenn es für die Pharaonen funktioniert hat, warum nicht für mich? Vielleicht wird mein Bauchnabel zum Zentrum neuer Kräfte, einem Miniatur-Sonnengott, der meine romantischen Abenteuer erhellt.

In jedem Fall wäre ich bereit, dem Trend der alten Ägypter zu folgen und mein Jahr mit einem königlichen Glanz zu beginnen. Das Piercing-Studio ist mein moderner Tempel der Selbstentdeckung, und die Nadeln sind meine Werkzeuge, um meinem Körper das gewisse Etwas zu verleihen.

Diese kleinen Kunstwerke des Körpers sind nicht nur schmückend, sondern auch verführerisch. Sie sind wie geheime Schlüssel zu einer anderen Dimension der Sinnlichkeit. Die Berührung eines Piercings kann eine Gänsehaut verursachen, eine süße Versuchung, die uns daran erinnert, dass das Leben nicht nur aus Zeitungsmeldungen besteht, sondern auch aus geheimem und einzigartigem Vergnügen. Also, meine scharfen Freunde, tragt eure Piercings nicht nur auf der Haut, sondern auch mit einer verdammten Attitüde.

Frohes neues Jahr, und möge der Glanz der Piercings Euer Jahr erleuchten! In einer Welt voller Nadeln und Metall, bin ich bereit, ein eigenes königliches Blinklicht zu setzen.

Piercings haben eine lange und vielfältige Geschichte, die kulturelle, spirituelle und ästhetische Aspekte umfasst

Frühgeschichte: Piercings sind keine moderne Erscheinung. Schon in prähistorischen Zeiten wurden sie aus verschiedenen Gründen praktiziert. In vielen alten Kulturen wurden Piercings aus spirituellen, rituellen oder kulturellen Gründen getragen. Zum Beispiel trugen einige nordamerikanische Indianer Nasenpiercings, um spirituelle Kräfte zu symbolisieren.

Antike Kulturen: In der Antike waren Piercings bei verschiedenen Zivilisationen wie den Ägyptern, Römern und Griechen verbreitet. Hier dienten sie oft als Statussymbol oder wurden in Verbindung mit religiösen Riten getragen.

Asien: In asiatischen Kulturen, besonders in Indien, wurde das Piercing als Teil von Hindu-Traditionen praktiziert. Nasenpiercings hatten hier oft religiöse Bedeutung und wurden von Frauen als Zeichen der Ehe getragen.

Ozeanische Kulturen: In vielen ozeanischen Kulturen wie den Maori in Neuseeland wurden Piercings als Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder als Ausdruck von Stärke und Tapferkeit verwendet.

Mittelalter und Renaissance: Im Mittelalter wurden Piercings in Europa oft von Adligen getragen. Während der Renaissance erlebten Piercings eine Wiederbelebung, wurden jedoch im 19. Jahrhundert in der westlichen Welt weniger populär.

Wiederbelebung in der Neuzeit: In den 1970er Jahren erlebten Piercings in der westlichen Welt eine Wiederbelebung, insbesondere durch die Punk- und Subkultur. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich eine breite Palette von Piercing-Stilen und -Trends.

Heutige Zeit: Piercings sind heute weit verbreitet und akzeptiert. Sie dienen oft der Selbstexpression, Ästhetik oder Mode. Piercings haben auch in der medizinischen Welt Anwendungen gefunden, wie zum Beispiel in der Akupunktur.

Diese Punkte bieten einen Überblick über die vielfältige Geschichte der Piercings.

TEXT: Julian Bachmann

Grafik: Jonas Bachmann

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