Waving Waters – Wellen und Wasser in japanischer Tätowierung

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Japan – ein Land mit vielen Seiten und Gesichtern. Von dichten Wäldern und Berglandschaften bis hin zu Metropolen wie Tokyo oder Osaka findet sich hier so ziemlich alles an kultureller und landschaftlicher Bandbreite. Besonders für Reisende und Japan-Begeisterte sind wohl vor allem die Millionen-Städte und zahlreichen Sehenswürdigkeiten der erste Anlaufpunkt – nicht zuletzt auch das Alltagsleben, welches doch einen starken Kontrast zwischen modernem, utopisch wirkenden Eindrücken und ausgelebter Tradition schwankt.  Doch ein subtileres kulturelles Phänomen findet sich hier meist im Verborgenen – Tätowierungen, in großen und farbenfrohen Ausführungen, basierend auf einer über Jahrhunderte ausgearbeiteten handwerklichen Kunstform. Dass die Motive der traditonellen japanischen Tattoos besonders oft an Mythologie und Sagen oder Erzählungen angelehnt sind, ist meist leicht erkennbar – doch auch die Landschaft Japans findet einen hohen Stellenwert in dieser Form der Körperkunst.

Dass Japan ein Land in Insel-Lage ist, bzw. sogar aus einzelnen Haupt- und Nebeninseln besteht, ist hierfür ein wichtiger Faktor. Nicht nur im alltäglichen Leben der Einwohner, sondern auch im Spirituellen hat das Meer, bzw. Wasser im Allgemeinen eine allgegenwärtige Präsenz – wie könnte es auch anders sein. So finden sich auch zahllose mit dem Wasser verbundene Kreaturen und Gottheiten in Erzählungen wie auch Tätowierungen – das wohl bekannteste Beispiel dürfte der Drache sein, welchem im Gegensatz zum „westlichen“ Drachen etwa einen Wohnsitz am Meeresboden zugeschrieben wird.

Doch über die Bewohner des Wassers hinaus ist das Wasser selbst ein zentrales Element japanischer Tätowierungen. Die Darstellungsmöglichkeiten sind auch hier vielfältig – in ruhigen Bächen, aber auch reißenden Wasserfällen und brutal wirkenden Wellen neben schroffen Felsen kann das Wasser einer Tätowierung einen besonderen Hauch von Lebendigkeit verleihen. Obwohl es oft nur als Hintergrund-Element erscheint, welches den Hauptcharakter des Tattoo-Motivs umspielt, ist die dynamische Form etwa einer Welle teilweise erst der Teil des Tattoos, welches ihm Form und Bewegung verleiht.

Entscheidend hierbei ist besonders die Dynamik der Welle selbst – und wie diese im jeweiligen Tattoo-Design eingesetzt wird. Die stilisierte Darstellungsform, welche sich durch fließende Bewegungen und Kurvenformen auszeichnet, erlaubt eine einzigartige Anpassung an Körperformen und Betonung anderer Motive – Jedoch kann auch eine einzelne gegenläufig platzierte Welle den „Fluss“ eines gesamten Designs stören. Der Einsatz des Wasserelements, wenn auch beiläufig scheinend, will also durchaus gelernt sein. Behält man dies im Hinterkopf, erscheinen die beinahe organisch wirkenden, kontrastreichen Hautbilder in japanischer Form doch umso eindrucksvoller.

Als Fazit lässt sich wohl sagen: Es lohnt sich in der Tat, den Blick auf ein Tattoo etwas schweifen zu lassen, etwas abseits vom Hauptmotiv hin zum Rand und Hintergrund – ein Verständnis des Designs und seiner Form lässt sich nicht selten hier finden, in den Schaumkronen der Wellen.

Dass sich darüber hinaus auch gesamte Sleeve-Projekte oder ähnlich großformatige Tätowierungen dem Thema Wasser gewidmet werden, könnte man als logische Weiterführung dessen betrachten. Der Einsatz der Welle als ornamentales Motiv ist also nicht auf eine Nebenrolle begrenzt.

 

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