Tattoo Lexikon: Die Zeit

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Tattoo by Tattoo AnansiZeit ist für uns vor allem eine physikalische, messbare Größe. Sie lässt sich nicht direkt beobachten, sondern nur indirekt am Ablauf von Ereignissen. Zudem verläuft Zeit stets nur in eine Richtung, sie lässt sich weder aufhalten noch umkehren.

Für die Menschen früherer Zeiten war es nicht notwendig, Zeit mit besonderen Vorrichtungen zu messen; der Ablauf der Zeit war durch den Wechsel von Tag und Nacht, von Jahreszeiten und anhand der Bewegung der Himmelskörper offensichtlich und für jeden erkennbar.

Die Notwendigkeit, Zeit noch feiner und enger als über die Abläufe in der Natur, wie Sonnenstand oder Mondphasen, hinaus zu messen und sie in kleinere Einheiten zu fassen, kam erst mit zunehmender Zivilisation und Verstädterung auf; bestimmte Dinge wie die heilige Messe oder Abendandacht mussten zu bestimmten Zeiten geschehen oder getan werden, Arbeitszeiten mussten gemessen und Termine koordiniert werden. Verschiedenste Zeitmesser, also frühe Uhren, maßen möglichst gleichmäßig ablaufende Ereignisse; das Abtropfen von Wasser aus einem Behälter, das Fließen von Sand in der Sanduhr, das Abbrennen einer Kerze oder auch den Lauf der Sonne mit der Sonnenuhr.

Eine Kerzen- Wasser- oder Sanduhr ergab dabei immer gleichbleibende Zeitabstände, während aber die Zeiteinheiten der Sonnenuhr sich je nach Jahreszeit unterschieden.

Daraus ergab sich eine interessante Frage: Soll eine solche kleinere Zeiteinheit immer gleich lang sein? Oder soll sie sich in Relation zur Länge von Tag und Nacht anpassen?

Die Lösung, die wir in unserer modernen Gesellschaft umgesetzt haben, nämlich dass Stunden, Minuten und Sekunden immer exakt gleich lang sein müssen, ist keineswegs selbstverständlich: In Ägypten oder auch in Japan hatte der Tag und die Nacht zwar stets die selbe Anzahl von Stunden, doch diese blieben über den Lauf des Jahres nicht gleich lang: Die Tagesstunden wurden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gemessen, die Nachtstunden entsprechend von Sonnenuntergang bis zum Morgengrauen, woraus resultierte, dass die Tagesstunden des Sommers länger waren als die Tagesstunden des Winters – eine interessante Art und Weise, Zeit zu messen, die sich mehr an den natürlichen zeitlichen Abläufen orientiert als unsere moderne Zeitmessung, in der die natürliche Länge von Tag und Nacht im Laufe der Jahreszeiten völlig ausgeblendet wird.

text: Dirk-Boris Rödel

grafik: Jonas

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