Vinyl – Kult aus schwarzem Kunststoff

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Es gibt bestimmt kaum einen anderen Kunststoff, der so viele Emotionen hervorruft wie Vinyl – oder genauer gesagt, Polyvinylchlorid.

Natürlich wurde und wird Polyvinylchlorid für alles mögliche verwendet, aber wer Vinyl sagt, meint damit die Schallplatten.

Anfangs dienten Wachszylinder als analoge Medien zur Wiedergabe von Tonaufnahmen, ab dem Ende des 19. Jahrhunderts entstanden dann die ersten Schallplatten, allerdings noch aus Schellack, einer harzige Ausscheidung der Lackschildlaus. Die darin eingefügten Rillen geben beim Abspielen mit einer entsprechenden Nadel die in den Rillen gespeicherten Strukturen als Schallschwingungen wieder.

Ab den 1930er Jahren verdrängte nach und nach der neue, weniger bruchanfällige Kunststoff Polyvinylchlorid den Schellack als Material für Schallplatten. Auch waren in Vinyl engere Rillen möglich, so dass längere Aufnahmen bei gleichbleibender Schallplattengröße möglich waren.

Zunächst hatten verschiedene Schallplattenhersteller Tonträger mit unterschiedlichen Abspielgeschwindigkeiten gepresst, doch ab Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich 33 1/3 rpm als Standardgeschwindigkeit für die normale Langspielplatte und 45 für Singles durch. Jukeboxes, also Musikautomaten, die ab den 1940er Jahren in Musik-Cafés und Kneipen sehr verbreitet waren, waren nur durch diese Standardisierung möglich und verhalfen wiederum der Schallplatte zu weiterer Verbreitung.

Größe und die Empfindlichkeit gegenüber Kratzern wurden in den 1980ern und vor allem ab den 90ern als großer Nachteil gegenüber den zu dieser Zeit entstehenden CDs angesehen, die die Vinyl-Platten bis zu den 2000er Jahren nahezu vollständig vom Markt verdrängte.

Heue wiederum trauert man den oft künstlerisch anspruchsvollen Cover-Artworks der Langspielplatten hinterher, die auf den viel kleineren CD-Hüllen gar nicht zur Geltung kamen und feiert das Knacken und Rauschen beim Abspielen von Vinyl-Platten als authentisch und »echt« im Gegensatz zum digitalen Sound, der von vielen als steril und kalt empfunden wird.

Tattoo von Tattoo AnansiText: Dirk-Boris Rödel

Grafik: Jonas Bachmann

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