Zahlen, bitte!

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Kolumne von Dirk-Boris Rödel

Es ist beim Tätowieren beinahe sowas wie ein Tabu-Thema: Das Bezahlen!

Im Prinzip ist es ja eigentlich klar; man erhält eine Ware oder Dienstleistung, und dafür bezahlt man. Wie im Restaurant, im Kaufhaus, im Kino …

Beim Tätowieren scheint das aber bisweilen ein bisschen unklar zu sein; wofür bezahlt man denn eigentlich? Für das Bild in der Haut? Für die aufgewendete Zeit? Für die Kreativität und die Kunst?

Ich denke, auch Tätowierer könnten das nicht immer eindeutig beantworten. Manche haben bestimmte Stundensätze; das ist für den Kunden am leichtesten nachvollziehbar, aber wo tauchen dann bei diesem System die Arbeitsstunden auf, die die Vorbereitung des Termins erfordert hat, also das Entwerfen des Motivs, die Kundenberatung etc.?

Wie legt man Unkosten für Hygiene-Material, Farben, Nadeln oder auch Studiomiete auf einen Endpreis für einen Kunden um? Da gibt es keine Standards, das muss jeder Tätowierer für sich entscheiden, und manche tun sich da ziemlich schwer damit, schließlich hat kaum ein Tätowierer BWL studiert oder Buchhaltung gelernt.

Wenn aber der Tätowierer zu »seinem« System der Preisfindung gelangt ist, wie auch immer das aussieht, dann gibt es für den Kunden immer zwei Möglichkeiten; entweder, für ihn passt die Ware (das Tattoo) und der Preis zusammen; dann steht der Tattoo-Session ja nichts im Wege. Oder der Preis ist ihm zu hoch, dann sagt der Kunde freundlich: »Das ist leider momentan über meinem Budget und ich befürchte, das ist derzeit bei mir nicht drin, vielen Dank für deine Mühe!«

Der Kunde fängt dann bitte NICHT an zu feilschen oder zu betteln, ob’s nicht auch billiger geht und der Kunde sagt dann auch bitte NICHT »Aber der Tätowierer im Studio um die Ecke würde es mir für die Hälfte machen!« oder irgendwas in der Art. So etwas ist respektlos.

Wenn euch der Preis zu hoch erscheint, bedankt ihr euch und sagt freundlich ab – that’s it, alles darüber hinaus ist nicht nötig. Am Preis rum zu feilschen bedeutet, dass ihr der Meinung seid, dass das Tattoo nicht das wert ist, was der Tätowierer dafür verlangt – ok, aber wenn das so ist und es euch das nicht wert ist, warum wollt ihr es denn dann überhaupt haben?

Wenn ihr euch beim Tätowierer richtig unbeliebt machen möchtet, dann bittet ihn um einen »Freundschaftspreis«, weil ihr im selben Fitness-Club trainiert, weil ihr die beste Freundin seiner Schwägerin kennt, weil ihr auf irgendeiner Party mal zwei Sätze mit ihm gewechselt habt oder weil ihr ihn mal im Aldi in der Schlange an der Kasse vorgelassen habt und deshalb ja eigentlich sowas wie Best Buddies seid.

Dazu sei gesagt, ja, natürlich haben Tätowierer auch gute Freunde; und diese Freunde würden im Leben nicht auf die Idee kommen, von ihrem Freund Sonderkonditionen zu verlangen, weil sie nämlich genau wissen, was der finanziell mit der Ladenmiete und Unkosten für Material und Equipment zu stemmen hat oder wie es bei ihm rein knallt, wenn schon wieder so und so viele Kunden nicht zum Termin erschienen sind usw. usf.

Solchen Freunden ist es wichtig, ihren Kumpel, den Tätowierer, zu unterstützen, nicht, ihn auszunutzen. Wenn überhaupt, würden sie den Preis, den er ihnen nennt, eher noch aufrunden.

Womit wir beim nächsten Thema wären: Gibt man beim Tätowieren eigentlich Trinkgeld? Dazu muss ich sagen: Keine Ahnung. Ich hab’s mal gemacht, mal nicht – ich denke auf jeden Fall, dass kein Tätowierer sich dagegen wehren würde, ich glaube aber auch nicht, dass es verpflichtend erwartet wird. Wenn ihr ganz besonders zufrieden seid mit der Tattoo-Session, wenn das Ergebnis eure Erwartungen übertrifft oder ihr euch während des Termins besonders wohl und safe gefühlt habt – warum nicht? Denn letztens lebt auch der Tätowierer nicht nur vom Geld allein, und wenn ihr einen Preis aufrundet, wird sich der Tätowierer sicher nicht nur über die paar Euro mehr freuen, sondern in dem Trinkgeld auch eine schöne Anerkennung seiner Arbeit, Zeit und Kreativität sehen, worüber er sich bestimmt ganz besonders freuen wird – denn das ist eine Währung, die für künstlerisch-kreativ arbeitende Menschen besonders hoch im Kurs steht!

Text: Dirk-Boris Rödel | Grafik: Jonas Bachmann

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